Sahra
Wagenknecht fehlt auf #unteilbar-Demo – Wie weit rechts ist die
Mitte schon?
Rund
25.000 Menschen demonstrierten am Samstag in Berlin für eine offene
und freie Gesellschaft. #unteilbar nannte sie sich, und sprach sich
aus gegen Ausgrenzung, Rassismus und Rechtsruck. Beeindruckend war
neben der immensen Anzahl an Demonstrierenden vor Allem auch die
Vielfalt unter den UnterstützerInnen. Sowohl Parteiprominenz wie SPD
und Grüne mit eigenem Wagen, als auch zahlreiche Organisationen und
Bündnisse vereinten sich zu diesem Anlass.
Eine
Partie sorgte jedoch im Voraus für Diskussion – die Sammelbewegung
rund um Sahra Wagenknecht #aufstehen, beschloss, nicht offiziell
teilzunehmen, der Aufruf nach offenen Grenzen könne nicht vertreten
werden. Wie verdreht sind wir schon, wenn sich eine linke
Politikerin nicht mehr für offene Grenzen aussprechen möchte?
Am
Donnerstag vor der Demonstration bezeichnete Sahra Wagenknecht den
Aufruf der Demonstration auf einer Veranstaltung der Linken als
„problematisch,“ offene Grenzen für alle - die sie als zentrale
Position des Ausrufs herauslas - halte sie für irreal, außerdem
würde man so Menschen ausgrenzen die gegen Rassismus und
dennoch gegen offene Grenzen seien. Sie selbst nahm folglich nicht
teil, anders als einige Mitglieder ihrer Sammelbewegung
'Aufstehen.'
Sevim Dağdelen, Bundestagsabgeordnete und
Unterstützerin von 'Aufstehen' fügte hinzu, sie fände es „sehr
schade“, dass im offiziellen Aufruf „die Bundesregierung für die
ständige Schaffung neuer Fluchtursachen durch Rüstungsexporte und
Freihandelsabkommen als Akteur weder benannt noch kritisiert
wird.“
Das mag man hinterfragen, aber ist das ein Grund, sich
als Linke gegen eine Demonstration mit klar linken Kernthemen
auszusprechen?
Nochmal zusammengefasst -
bei dieser Demonstration ging es darum ein Zeichen zu setzen, gegen
den gesellschaftlichen Rechtsruck, sie war als klares Statement gegen
Rassismus und Ausgrenzung gedacht. In einer ersten Version des
Aufrufes waren die offenen Grenzen ein Thema, in der folgenden,
offiziellen Variante wurden sie nicht mal mehr erwähnt.
Doch sich
wenn selbst ein Mitglied der LINKEN und Begründerin einer sich als
links verstehenden Sammelbewegung einer Demonstration entzieht, mit
der Begründung offene Grenzen nicht befürworten zu können, dann
ist die mediale Debatte offiziell im rechten Spektrum
angelangt.
Offenbar sind wir schon so weit, das bestimmte
Standpunkte überhaupt nicht mehr für möglich gehalten werden. In
der Regel geht es selbst in Gesprächen mit vermeintlichen
Asyl-BefürworterInnen nur noch darum, die Asylverfahren möglichst
schnell zu gestalten und möglichst vielen Menschen ein Asyl zu
gewähren.
Zur Erinnerung: Asyl ist Menschenrecht, so steht
es in der auch von Deutschland unterschriebenen Allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte. Jegliche Verfahren müssten im Grunde obsolet
sein. Ob Menschen in Not gerettet werden sollten ist keine politische Frage, sondern eine humane. Auf die es nur eine Antwort geben kann.
Wagt man sich in der Diskussion dann doch mal etwas weiter voran, erschöpft sich die
Debatte oftmals schnell in der Aussage, man müsse die
Fluchtursachen auf jeden Fall bekämpfen! Keine Waffen in Krisengebiete mehr liefern
zum Beispiel. Stimmt auch, aber das bedeutet nicht, dass damit alles
gelöst ist.
Mit der Aussage macht man es sich so leicht. Sind die Fluchtursachen erst einmal bekämpft, gibt es auch keine Geflüchteten, ergo kein Problem mehr. Das meist eigentlich dahinter.
Mit der Aussage macht man es sich so leicht. Sind die Fluchtursachen erst einmal bekämpft, gibt es auch keine Geflüchteten, ergo kein Problem mehr. Das meist eigentlich dahinter.
Die Idee, dass Mensch sich
vielleicht unabhängig vom Zwang durch Krieg oder politische
Verfolgung einfach ganz frei von A nach B bewegen könnte, scheint
mittlerweile völlig fern. Das Recht über den Bewegungsrahmen Anderer zu bestimmen scheint zur Selbstverständlichkeit verkommen zu sein, nationale Grenzen sind zu realen Grenzen in unseren Köpfen geworden.
In
der Hinsicht hat es der Rechtspopulismus bereits geschafft. Die
gesamte mediale Debatte hat sich unbemerkt einrahmen lassen, das
Hinterfragen der Verhältnisse findet quasi überhaupt nicht mehr
statt.
Liebe
Sahra, Eines sollte dir eigentlich klar sein: Grenzen sind nicht
per se vom Himmel gefallen. Sie sind ein Konstrukt des Menschen,
irgendwann mal von jemandem festgelegt. Viele davon vor nicht allzu langer Zeit sehr willkürlich von ein paar europäischen
KolonialistInnen.
Und ja, auch das sollte klar sein: Die
Verhältnisse wie sie heute sind, sind nicht schon immer so, sind
kein Naturgesetz und erst recht nicht Schuld der vor Ort lebenden
Menschen. Sie sind Folge einer grausamen Kolonialgeschichte
und einer andauernden post-kolonialen Ausbeutung.
Wer also
sind wir, bist du, zu bewerten wer wo leben darf, wer wo hingehen
darf?
Richtig, es gibt Menschen die gegen offene Grenzen
sind, doch eine legitime Position ist das in keinster Weise. Im Gegenteil: Das ist
Ausgrenzung. Und genau dagegen wurde am Samstag demonstriert.
Du behauptest, die wahren Interessen der Menschen zu
hören, doch scheinbar sind damit ausschließlich noch die Menschen
in Deutschland gemeint. Das nennt man Nationalismus. Und
Nationalismus ist weder links, noch cool.
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