EIN JAHR #METOO - EINE GLOBALE BETRACHTUNG



EIN JAHR #METOO – EINE GLOBALE BETRACHTUNG

Die Medien geprägt von Gleichberechtigungsdebatten, sexualisierte Gewalt scheint ein omnipräsentes Thema, der feministische Diskurs auf Höchsttouren - #me too hat uns geprägt. Endlich liegt wieder Veränderung in der Luft. Es scheint zu laufen, könnte man meinen. Leider nein.
Denn was wir derzeit beobachten können, ist gleichzeitig auch ein Höchstmaß an kapitalistischen Ausschweifungen.


And Ain´t I A Woman?

Feminismus, was bedeutet das eigentlich genau? In erster Linie, Gleichheit als gerecht zu empfinden. Und natürlich Gerechtigkeit als etwas Erstrebenswertes.
Der Weg zur egalitären Gesellschaft, zur Utopie der FeministInnen, einer Gesellschaft ohne jegliche Kategorisierungen, scheint immer mehr geebnet zu werden. Es ist lange her, dass der Feminismus eine so weitreichende Aufmerksamkeit erhalten hat. Wo liegt also das Problem?
Die neue feministische Cyber-Bewegung, ausgelöst durch #metoo und Co beschränkt sich größtenteils auf eine bestimmte Gruppe Menschen: Westliche, heterosexuelle Frauen. So sehr einen die bisherigen Entwicklungen erfreuen dürfen, so kritisch sollten diese auch betrachtet werden. Denn eine sehr großer Anteil der Betroffenen wurde dabei ausgelassen.
Die weiße, europäische, heterosexuelle Frau stellt eine nach wie vor diskriminierte Minderheit dar, keine Frage.
Aber wie es schon Sojourner Truth vor fast zwei Jahrhunderten tat, könnten auch heute zahlreiche Menschen sinnbildlich fragen: „And ain´t I a woman?“
Angefangen mit den schwierigen Machtverhältnissen in Hollywood, hat sich #metoo erst auf die allgemeine Medienbranche ausgeweitet und sich dann zu einer allgemeinen Plattform für Frauen mit Diskriminierungserfahrung gewandelt. Weiter ging es jedoch nur spärlich.
Es geht um Frauen weltweit, Women of Color, homosexuelle Frauen, trans-Frauen, Frauen ohne Zugang zu Internet, Frauen, die in Gesellschaften leben, die von viel primitiveren Sexismen dominiert werden.
Vor wenigen Wochen wurde #metoo das erste Mal in den indischen Medien thematisiert, davor ging die Debatte kaum über die westlichen Grenzen hinaus.
Doppelminderheiten sind immer auch Doppeldiskriminierungen ausgesetzt.
Und sind dadurch, in diesem feministischen Diskurs, völlig untergegangen.

Kapitalistischer Sexismus

Was gerade passiert ist wichtig und gut. Aber nicht genug.
Das hier ist kein whataboutism. Sondern ein Aufruf dazu, intersektionale Minderheiten stärker mit einzubeziehen.
Die Frauenquote hat der Durchschnittsfrau aus der Mittelschicht, die nie in einer Führungsposition arbeiten wird, nichts gebracht, #metoo hat die südliche Hemisphäre nie erreicht.
Die meisten FeministInnen haben den Kapitalismus richtig als einen der Mitgründe für die andauernden unfairen Verhältnisse herausgestellt, als einen der Ursprünge für Rassismus und Sexismus. Ein System, das zu Egoismus und Gier erzieht, hält die Unterdrückten unten. Feminismus und Kapitalismuskritik gehen also Hand in Hand, in der Regel ist das allgemeiner Konsens.
Aber sind wir nicht Teil des Problems, wenn eine ganze feministische Welle nur den Bevorteilten dieses Wirtschaftssystems zu Gute kommt?

Feminismus im Kontext des globalen Wandels

Die Welt steht derzeit auf der Kippe, soziale Disparitäten weiten sich, der Klimawandel droht, der Menschheit Henker zu werden und die gesellschaftliche Mitte rutscht weltweit nach rechts. Kurz, der Kapitalismus zeigt sein lang geahntes Ausmaß.
Doch in einer Hinsicht scheint sich etwas zu bewegen. Die Frauenbewegung blüht neu auf. Ein Grund zur Freude. Doch eben auch zur Obacht!
Wenn der Fokus so einseitig bleibt wie bisher, bewegt sie sich nicht außerhalb der Schranken des Kapitalismus und unterstützt diesen dadurch. So ist er quasi wieder Teil des Problems.

Also, an alle KämpferInnen da draußen: Feminismus geht nur konsequent! Es ist wichtig, alle Betroffenen zu erreichen und ihre Problematiken mit einzubeziehen. Denn nationale Emanzipation ist ausgrenzend und bringt im größeren Kontext absolut gar nichts.





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