218 gehört nicht mehr in ein 2019 - Ein weiterer Kommentar zu einer nervigen Debatte



Schwangerschaftsabbrüche - ein Thema, das immer wieder, zu jeder Zeit, politisch aufgeladen werden kann und regelmäßig wird. Sind Abtreibungen legitim und wenn ja bis wann? Darf darüber informiert werden, darf geworben werden?
Es handelt sich um eine Diskussion die, so alt sie auch ist, nicht alt wird. Die aktuell aufglühende Debatte um §219a ist dabei eine Wichtige. Aber im Grunde doch nur eine Subdebatte. Abgeschafft gehört, und dieser Kampf bleibt, der gesamte Paragraph 218.


Wer eine Schwangerschaft abbricht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ heißt es in der ersten Zeile des Paragraphen. Erst im Abschnitt a findet diese Formulierung ihre Einschränkungen, in den uns bekannten Regelungen. Das ist problematisch. Denn eine Gesetzeslage, die uns etwas unter bestimmten Voraussetzungen oder Gegebenheiten zwar genehmigt, im Grundkern aber klar verbietet hat die Situation einer Frau, die ungewollt schwanger wird noch nicht wirklich verstanden. 

Ich habe Freundinnen, die niemals abtreiben würden und Freundinnen die sich ausnahmslos dafür aussprechen, ich kenne Frauen die schon Abtreibungen hinter sich haben und noch immer darunter leiden und welche, für die es nichts weiter als ein kleiner Eingriff war. Unendlich vielfältige und gleichzeitig allesamt legitime Standpunkte. Denn gerade bei einem ethisch so komplexen, empfindlichen Thema, steht Allen eine eigene Haltung und vor Allem eine eigene Vorstellung davon zu, wie man selbst mit einer solchen Situation umgehen würden.
Dies sollte jedoch dringend
ausschließlich für den persönlichen Rahmen gelten.
Was für Betroffene persönlich oft als tief emotionales Erlebnis und schwere Entscheidung daherkommt, sollte im politischen Kontext definitiv an emotionaler Wertung verlieren.

Denn so individuell wie die Lebenssituationen zum Zeitpunkt einer unbeabsichtigten Schwangerschaft sein können, so individuell sind auch die Beweggründe für ein Austragen oder Abbrechen dieser. Die simpelste Lösung ist also, einfach jeden selbst abwägen zu lassen, wie mit dieser Situation umgegangen wird. Denn auch das steckt in jedem Anti-Abtreibungs-Argument: Der Vorwurf der Unmündigkeit der Frau. Wird eine Abtreibung von Anfang an abgelehnt, spricht man damit der Frau die Fähigkeit ab, selbst die Tragweite ihrer Entscheidung abzuschätzen und nach ihren moralischen Prinzipien zu handeln. Doch das können Frauen und das sollte man ihnen ruhig zutrauen.

Die ganzen Gegenargumente hängen einem langsam zum Halse raus.
Vom Wandel verängstigte Männer, die beim Wort Abtreibung binnen Sekunden panisch zu kühnen Lebensrettern mutieren, wollen das ungeborene Leben schützen – Aber bitte wer schützt dann das geborene Leben?
Wie ist einem Kind geholfen, das in eine Familie hineingeboren wird, in der es nicht gewollt ist? Das von einer Mutter groß gezogen wird, die mit der Situation heillos überfordert ist? Dafür braucht es keine Gewissensfrage im Bundestag, sondern jedes Mal eine Neue, im Privaten.

Abgesehen davon, ist es Fakt, dass ungewollte Schwangerschaften psychisch unvorstellbar belastend sein können und ein Kind, ob gewollt oder ungewollt, das Leben vollständig umkrempelt. Weshalb sollte das Leben des Embryos pauschal schützenswerter sein als das der Schwangeren?



Es gibt schließlich auch Sonderfälle, die den Lebensretter*innen plötzlich kein Dorn mehr im Auge zu sein scheinen. Stichwort Pränataldiagnostik.
Wird eine Behinderung des Kindes festgestellt, kann mit Begründung der medizinischen Indikation der Mutter die gesamte Schwangerschaft über ausnahmslos abgetrieben werden. Menschen mit Behinderung gelten scheinbar nicht mehr als so schützenswert. Konsequente Verwertungslogik.

Macht mit euren Körpern was ihr wollt. Kriegt Kinder, kriegt keine Kinder, gebärt ungewollte Schwangerschaften oder brecht sie ab – aber tut es, weil es eure Entscheidung ist und verurteilt Andere nicht für ihre eigenen.
Die Debatte um §218a wird damit zu einem großen Witz. Die endlosen Diskussionen über „Werbung“ und der korrekten Auslegung eines Gesetzes sind nichts weiter als lachhaft. Nur Idioten können sich über medizinische Informationen aufregen, während im TV ganz unbekümmert zufriedene Männer mit ihrem Hellen anstoßen. Denn ja, wenn für Tabak geworden wird, werden Leben riskiert. Wenn für Alkohol geworben wird, werden Leben riskiert.

Aber es wird sicher kein Leben riskiert, wenn sachlich über den Ablauf eines Schwangerschaftsabbruches informiert wird.
§219a muss weg. Und mit ihm bitte der gesamte §218.

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