Wie
es gekommen sei, das ich allein losgezogen bin, fragt man mich schon
auf den ersten Metern meiner Reise. Ob ich niemanden gefunden hätte,
der mich begleiten wollte.
Jeder,
der schon einmal allein gereist ist wird die Konversationen kennen.
Gespräche, mit der permanenten Vermutung im Subtext, man könne sich
diesen Zustand nicht allein erwählt haben. Unbefangen wird man unter
Generalverdacht gestellt, auf der Flucht vor etwas zu sein,
irgendeinen tragischen Grund mit sich im Gepäck zu tragen, der einen
die eigenen vier Wände ganz ohne Begleitung verlassen ließ. Diese
Annahme zieht sich in anderen Kontexten weiter. Nicht nur auf Reisen
versteht man die Einsamkeit einen negativ konnotierten zwangsläufigen
Zustand.
Es gab eine Zeit in meinen Teenagerjahren, in denen ich das Alleinsein um jeden Preis vermied. Ich verabredete mich im Zwei-Stunden-Takt und hielt alles Andere für bemitleidenswert. Allein ist nur, wer keine Freunde hat, dachte ich.
Mittlerweile hat sich das glücklicherweise geändert. Die Zeit mit mir selbst ist obligatorisch geworden und ich achte darauf, genügend von ihr zu haben. Das geht bisweilen den meisten so.
Es gab eine Zeit in meinen Teenagerjahren, in denen ich das Alleinsein um jeden Preis vermied. Ich verabredete mich im Zwei-Stunden-Takt und hielt alles Andere für bemitleidenswert. Allein ist nur, wer keine Freunde hat, dachte ich.
Mittlerweile hat sich das glücklicherweise geändert. Die Zeit mit mir selbst ist obligatorisch geworden und ich achte darauf, genügend von ihr zu haben. Das geht bisweilen den meisten so.
Ganz
anders jedoch steht es um den öffentlichen Solo-Auftritt. Sich
allein ins Café um die Ecke zu setzen führt doch recht schnell zu
der Frage, auf wen man denn warte und es gibt unzählige weitere
solcher Situationen, die ganz selbstverständlich als Paar- oder
Gruppenaktivitäten gesehen werden, obgleich sie allein sogar so viel
mehr Sinn ergeben. Ins Kino gehen ist da so ein Beispiel. Ein großer
dunkler Saal, parallel angeordnete Sitze und wer redet, erntet
genervte Blicke - der Kinogang ist quasi dafür prädestiniert ist,
allein erlebt zu werden. Eine Begleitung ist weder von Nöten, noch
sinnvoll. Dennoch erntet ein jeder der´s wagt, zumindest ein paar
skeptische Blicke. Sogleich verdächtigt man die Person der
tragischen, ungewollten Einsamkeit.
Soziale
Isolation schwächt und gefährdet den Menschen auf Dauer, das ist
bekannt. Vielleicht wehen daher unsere monophobischen Tendenzen. Und
in Zeiten in denen Instagram einen zur digitalen Dauerpräsenz zwingt
und den Alltag tausender zum medialen Show-Room macht, scheint die
Idee von Einsamkeit als geistige Erholungsstrategie nicht mehr so en
vogue.
Der
Hype um Selbstliebe und self empowerment steigt zwar, doch nur unter
der Bedingung, dass es auch alle mitbekommen. Ein paar Stunden mit
sich selbst als seelische Rehabilitationsphase? Hinfällig, wenn alle
sechshundert Follower daran teilhaben. Ist die Frühstücksbowl die
du dir heute Morgen allein gönnst nicht maximal ästhetisch
hergerichtet, sieht das Foto vom Bett in dem du dich heute
verkriechen willst nicht aus wie auf deinem tumblr-Blog aus
Teeniejahren, dann ist dein Vorhaben ungültig. Alleinsein ist nur
okay, wenn auch Andere mitbekommen, das du es dir heute mal so
richtig gut gehen lässt. Oder, um die Worte Stefanie Giesingers zu
benutzen: „If it isn´t on the gram, than it didn´t happen.“
Klar, wer seine Social Media Kanäle betreut, ist ja schließlich nicht allein. Da wird es dann sogar ganz erträglich mal nur zuhause zu gammeln. Vor Allem, wenn dein Feed, als autonome Beschäftigungsstrategie, mit von der Partie ist.
Klar, wer seine Social Media Kanäle betreut, ist ja schließlich nicht allein. Da wird es dann sogar ganz erträglich mal nur zuhause zu gammeln. Vor Allem, wenn dein Feed, als autonome Beschäftigungsstrategie, mit von der Partie ist.
Schonmal
verreist gewesen und danach
nichts zu erzählen gehabt, weil alle alles
schon währenddessen mitverfolgen konnten?
nichts zu erzählen gehabt, weil alle alles
schon währenddessen mitverfolgen konnten?
Das
sich dieses Phänomen seinem medialen Kontext enthebt ist klar. Auch
im realen Alltag ist der Druck präsent. Der eigene Wert wird
mittlerweile von Vielen, ob bewusst oder unbewusst, an der Anzahl der
sozialen Interaktionen, seiner Popularität unter anderen Menschen
gemessen. Daraus resultieren nicht nur monophobische
Verhaltensweisen, sondern auch ein skeptisch-feindliches Losgehen auf
alle, die diesen Ansprüchen nicht gerecht zu werden
scheinen.
Einsamkeit kann, im Mainstream-Bild, nur ein Zwangszustand von Personen sein, denen es schlicht und ergreifend an sozialen Kontakten mangelt. Den Verdacht möchten wir nicht auf uns kommen lassen.
Einsamkeit kann, im Mainstream-Bild, nur ein Zwangszustand von Personen sein, denen es schlicht und ergreifend an sozialen Kontakten mangelt. Den Verdacht möchten wir nicht auf uns kommen lassen.
Dabei erleben wir in der Einsamkeit bisweilen unsere erholsamsten, kraftvollsten, schöpferischsten Phasen. „Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.“ sagte der französische Philosoph Blaise Pascal einst.
Diese
Aussage muss man nicht en detail teilen, dennoch zeigt sie auf, wie
wichtig und heilsam gelegentliche Isolation für den Menschen sein
kann.
Präsentiert euch wie ihr wollt, betrachtet euren Feed als zweite Lebensrealität - mit ein wenig kritischer Distanz ist das alles völlig in Ordnung. Doch die autonomen Stunden, die Zeit allein, die sollte wieder mehr zelebriert werden. Nicht öffentlich, sondern nur mit sich selbst, ohne das irgendwer erfährt was du getrieben hast.
Denn, so abgedroschen es klingen mag, am Ende bleibt man selbst die einzige Konstante im Leben. Wir bilden quasi selbst unsere einzige soziale Sicherheit. Es scheint nur sinnvoll, sich mit dieser gut zustellen. Dafür muss das Bedürfnis verloren gehen, seine Aktivitäten permanent nach außen zu tragen. Es sollte wieder reichen, das Erlebte selbst erfahren zu haben. Auch daraus kann man eine Menge Bestätigung und Zufriedenheit tanken.
Deshalb:
Weg mit der Stigmatisierung der Einsamkeit, hören wir auf unser
Bedürfnis nach Freiraum zu verbergen.
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