Quelle: https://campus-climate.umn.edu/content/my-culture-not-costume |
Es ist Februar und damit auch wieder
Karnevalszeit. Umzüge ziehen durch die Straßen, es wird Helaut und
Heijot - Ein vermeintlich harmloses Fest, bei dem das Verkleiden von
Klein und Groß einen wichtigen Bestandteil darstellt. Doch während
sich die Tänzer*innen in Rio in bunte Salsakleider werfen verkleidet
man sich in Deutschland frei nach Schnauze – und kann damit ganz
schön ins politische Fettnäppchen treten.
Wenn
Kinder in Polizist*innen- oder Biene-Maja-Kostümen aufkreuzen, dann
ist das meist sehr süß. Wenn Erwachsene sich ein Clowns-Gesicht
anmalen oder als Vampir gehen, ist das oft lustig. Wenn sich jedoch
das sexy Indianer*inkostüm übergeworfen, als Hawaiianer*in oder
Inder*in verkleidet wird, dann ist das kritisch zu betrachten.
Bei dem einen handelt es sich um Berufsgruppen, Filmfiguren oder inexistente, mystische Wesen. Filmfigur. Bei den anderen Beispielen jedoch, handelt es sich um ethnische Gruppen, indigene Völker und missverstandene kulturelle Güter.
Bei dem einen handelt es sich um Berufsgruppen, Filmfiguren oder inexistente, mystische Wesen. Filmfigur. Bei den anderen Beispielen jedoch, handelt es sich um ethnische Gruppen, indigene Völker und missverstandene kulturelle Güter.
Kulturelle
Aneignung nennt sich das, ein kulturwissenschaftlicher Begriff der
die bewusste Aneignung, beziehungsweise Abwerbung anderer kultureller
Güter bezeichnet.
Kleidung,
Stil, Frisuren, Musik , die Thematik ist weit gefächert.
Cultural Appropriation - Was soll das?
Es handelt sich um einen in Deutschland noch relativ jungen Begriff und ich gebe zu, dass ich ihn zu Beginn recht schnell belächelnd als eine überzogene Vorstellung abgetan.
Für mich ist die Öffnung und Verschmelzung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen samt ihrer Kulturen ein wichtiger und natürlicher Prozess. Ich hielt es für eine aus Angst motivierte Idee, vielleicht eine Rache unterdrückter Kulturen, die dem für mich positiv behafteten Konzept der kulturellen Globalisierung im Wege steht.
Das war jedoch erstens ignorant und zweitens wenig durchdacht. Ignorant, denn wie so oft geht es hierbei in erster Linie um Menschen die von Problematiken betroffen sind, mit denen ich selbst noch nie konfrontiert war.
Wenn ich ins Ausland gehe, erfahre ich für meine Herkunft meist in erster Linie (völlig unbegründeten) Respekt. Als Person aus Deutschland, dem vermeintlich vorbildlichen, reichen Industriestaat, schauen einen die Menschen vielerorts mit großen Augen an. Für Menschen, die im Gegensatz dazu für ihre typische Kleidung oder indigene Sprache sonst skeptische Blicke und Reaktionen erhalten, in der Regel Abneigung erfahren, kann es sehr schmerzhaft und unangenehm sein, zu erfahren wie weiße Menschen diese Merkmale vollkommen problemlos adaptieren.
Cultural Appropriation - Was soll das?
Es handelt sich um einen in Deutschland noch relativ jungen Begriff und ich gebe zu, dass ich ihn zu Beginn recht schnell belächelnd als eine überzogene Vorstellung abgetan.
Für mich ist die Öffnung und Verschmelzung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen samt ihrer Kulturen ein wichtiger und natürlicher Prozess. Ich hielt es für eine aus Angst motivierte Idee, vielleicht eine Rache unterdrückter Kulturen, die dem für mich positiv behafteten Konzept der kulturellen Globalisierung im Wege steht.
Das war jedoch erstens ignorant und zweitens wenig durchdacht. Ignorant, denn wie so oft geht es hierbei in erster Linie um Menschen die von Problematiken betroffen sind, mit denen ich selbst noch nie konfrontiert war.
Wenn ich ins Ausland gehe, erfahre ich für meine Herkunft meist in erster Linie (völlig unbegründeten) Respekt. Als Person aus Deutschland, dem vermeintlich vorbildlichen, reichen Industriestaat, schauen einen die Menschen vielerorts mit großen Augen an. Für Menschen, die im Gegensatz dazu für ihre typische Kleidung oder indigene Sprache sonst skeptische Blicke und Reaktionen erhalten, in der Regel Abneigung erfahren, kann es sehr schmerzhaft und unangenehm sein, zu erfahren wie weiße Menschen diese Merkmale vollkommen problemlos adaptieren.
Quelle: pixabay.com |
und Aneignung gibt. Wenn wir über kulturelle Aneignung reden, reden wir nicht über Menschen, die interessiert an Kunst, Küche, Kleidung anderer Gruppierungen sind und sich intensiv mit ihnen auseinandersetzen. Wir sprechen nicht über weltoffene Kosmopolit*innen, die auf Reisen Menschen kennen lernen und daraufhin deren vor Ort erworbene Kleider tragen. Auch nicht über Menschen die auswandern und sich an die vor Ort ansässige Kultur anpassen. Es geht um eine andere Form der Aneignung.
Vielleicht ist das deutsche Pardon zu Cultural Appropriation falsch gewählt. Vielleicht sollten wir nicht von kultureller Aneignung, sondern Enteignung oder kultureller Besitzergreifung sprechen.
Denn genau das macht den Unterschied. Es bedeutet, kulturelle Güter aus ihrem ursprünglichen Kontext zu reißen und sie für eigene Zwecke zu nutzen und das ohne die Auswirkungen zu beachten mit denen jemand von der betroffenen Kultur bei gleichem Verhalten konfrontiert wäre. Und auch, ohne darauf aufmerksam zu machen, woher man diese Güter erworben hat, sie also für sich zu beanspruchen.
Warum das Ganze so hochsensibel ist
Quelle: pixabay.com |
Was
das Kind nicht weiß: Der Begriff der Indianer*in ist ein durch die
Kolonialist*innen geprägter Sammelbegriff der über zweitausend
verschiedenen indigenen Völker Nordamerikas. Diese Menschen selbst
haben einen solchen Überbegriff für sich nicht. Genauso wenig wie sie nicht mehr mit Pfeil und Bogen im Wald jagen gehen.
Mein Gott, könnte man sagen, es sind Kinder, so bringt man ihnen andere Kulturen nahe.
Mein Gott, könnte man sagen, es sind Kinder, so bringt man ihnen andere Kulturen nahe.
Doch genau hier beginnt die Funktionsweise kultureller Aneignung. Gerade dieser Fall gibt das perfekte Beispiel wie Verkleidungen
Menschen parodieren und die Identität tausender von Menschen die
verschiedensten indigenen Bevölkerungsgruppen zugehörig sind,
extrem vereinfachen. Allein durch diese Verkleidung repräsentiert
der Karneval einmal im Jahr postkoloniale Machtstrukturen at it´s
best.
Im
Oktober 2011 startete die studentische Organisation der Ohio
Universität „Students Teaching Against Racism In Society (dt.
Student*innen unterrichten gegen Rassismus in der Gesellschaft) eine
Poster-Kampagne um auf unsensible Halloween-Kostüme aufmerksam zu
machen.
Unter
dem Aufhänger „My Culture Is Not A Costume“ (dt. Meine Kultur
ist kein Kostüm) gewann die Kampagne schnell an Aufmerksamkeit und
erhielt sowohl Unterstützung als auch Kritik.
Viele
bezeichneten die Poster als übertrieben und parodierten sie mit
neuen Postern, auf denen Avatare oder Vampire abgebildet waren, die
sich über die Kostüme Anderer aufregen.
Man
mag darüber denken wie man will.
Ich
für meinen Teil maße mir nicht an, die Empfindlichkeiten die andere
Menschen durch Diskriminierungserfahrungen erlernt haben zu
beurteilen. Benachteiligung auf Grund meiner Herkunft oder
Zugehörigkeit habe ich persönlich noch nie erfahren und könnte
mich, würde ich sie irgendwo doch erfahren, immer wieder aus der Situation
entziehen. Deshalb
ist für mich klar, dass ich bei der Wahl meiner Kostüme und anderer Kulturgüter Acht gebe. Aus Respekt und Verständnis
für Menschen die sich dadurch schlecht fühlen könnten.
Wie damit umgehen?
Wie damit umgehen?
Die simpelste Regel also: Achte beim Übernehmen anderer kultureller Güter ganz einfach auf die Angemessenheit und auch Korrektheit deiner Kopie. Verwende andere Kulturen nicht für spaßige Verkleidungen. Ganz ehrlich, das ist kein großes Ding. Es gibt genug andere Möglichkeiten.
Die zweite Regel: Give credit. Sowohl beim Kochen, Kleiden oder Musikhören sollte man hinzufügen, woher die verwendeten Dinge kommen. Ein sehr bekanntes Beispiel für kulturelle Plagiate gab Kim Kardashian mit ihren Conrows.
Kim Kardashian mit Conrows |
neuen Style feiern. Darauf folgte viel Kritik. Zu Recht, denn es geschieht zu oft, dass weiße Menschen
einen bestimmten Kleidungsstil, Frisuren oder auch Rezepte übernehmen und das Ganze dann mit einem Mal vollkommen gesellschaftstauglich als neuer Trend abgefeiert wird. Die Gruppe von Menschen, von denen der Stil stammt, die sich darüber zum Teil definieren, verlieren so einen Teil ihrer kulturellen Individualität ohne etwas von der Anerkennung zu erhalten. So geschah es in diesem Fall, so geschah es auch mit den Dreadlocks oder indigener Kleidung aus Südamerika.
Das ist vor Allem dann kritisch, wenn damit, wie im Falle Kardashian, auch noch Geld verdient wird.
Ein weiterer wichtiger Aspekt. Gesellschaftliche Machtverhältnisse sind meist auch ökonomische. Und ökonomisch unterschiedlich aufgestellte Menschen werden immer auch unterschiedlich von kultureller Verschmelzung profitieren.
Wenn
beispielsweise ein weißer Koch in ein asiatisches Land fährt,
lokale Rezepte erlernt, mit diesen zurückfährt und sie als
exotische Kulinarik verkauft, wird er damit in der Regel weit aus
mehr Geld verdienen, als die Menschen vor Ort jemals sehen werden.
Das bedeutet nicht, das wir nicht mehr zum Asiaten an der Ecke gehen
dürfen.
Wir sollten uns aber einmal mehr die Disparitäten unserer Welt bewusst machen. Kulturelles Interesse ist wunderschön, aber verdammt unauthentisch wenn damit nicht auch automatisch ein Interesse in die Gleichstellung aller Kulturen und der dazugehörigen Menschen einhergeht.
Wir sollten uns aber einmal mehr die Disparitäten unserer Welt bewusst machen. Kulturelles Interesse ist wunderschön, aber verdammt unauthentisch wenn damit nicht auch automatisch ein Interesse in die Gleichstellung aller Kulturen und der dazugehörigen Menschen einhergeht.
Zurück also zum Karneval. Weiten wir unsere selektiven Blickwinkel und entwickeln Empathie für all die Menschen, die nach wie vor von Diskriminierung betroffen sind. Der Kulturimperialismus lebt und es gibt viele Menschen die noch immer darunter leiden. Auch wenn es manchmal nervt oder sich wie eine Einschränkung anfühlt – eine Kultur ist kein Kostüm. Zumindest nicht in diesen Zeiten. Manchmal muss man sich tatsächlich einfach mal einschränken, aus Rücksicht und Respekt vor anderen Menschen und derer Wahrnehmung. Zumindest solange, bis wirklich alle Menschen gleichgestellt sind und keine Angst mehr haben zu brauchen, das man ihnen etwas abwerben oder sie verletzend nachahmen könnte.
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